Computersimulation
Beispiel: Eine Computersimulation zur kognitiven Repräsentation von Zahlen III
Ergebnisse
In der Simulationsstudie von Verguts, Fias und Stevens (2005) konnten unter anderem folgende Ergebnisse erzielt werden:
- Die empirischen Befunde zur Benennung von Zahlen können durch die Simulation abgebildet werden. Zwar zeigt sich aufgrund der Überrepräsentation kleinerer Werte im Trainingsset nach den ersten 1000 Lerndurchgängen eine bessere Anpassung der korrekten Output-Werte für kleinere Zahlen. Dieser Unterschied zwischen kleineren und größeren Werten nivelliert sich jedoch erwartungsgemäß nach 30000 Durchgängen.
- Auch bezüglich der Beurteilung, ob es sich um eine gerade oder ungerade Zahl handelt, wird der korrekte Output zunächst für kleinere Zahlenwerte in stärkerem Maße erreicht. Dennoch erfolgt hier – ebenso wie für die Zahlenbenennung – nach 30000 Durchgängen in etwa die gleiche Anpassungsgüte für kleinere als auch größere Zahlen.
- Beim Größenvergleich zweier Zahlen kann auch noch nach 30000 Lerndurchgängen wie gewünscht ein Größeneffekt detektiert werden, d.h. der Vergleich unterscheidet sich für kleinere (z.B. Zwei und Vier) und größere Zahlen (z.B. Sieben und Neun) voneinander. Dieser Effekt kommt in der Simulationsstudie lediglich durch häufigere Darbietung kleinerer Zahlen zu Beginn der Trainingsphase zustande. Zusatzannahmen werden hingegen nicht benötigt.
Fazit
Das neuronale Netz von Verguts, Fias und Stevens (2005) kann im Vergleich zu konkurrierenden kognitiven Modellen zahlreiche Befunde zur Repräsentation von Zahlen integrieren. Dabei muss das sparsame Modell sich keiner weiteren Annahmen bedienen, wie dies in bisherigen Ansätzen der Fall war. Positiv hervorzuheben ist auch die Generierung neuer Hypothesen, die zur Überprüfung des Modells herangezogen werden können und damit seiner potentiellen Falsifizierbarkeit (siehe unten) dienen. Zum Beispiel wird von den Autoren die Hypothese formuliert, dass der Größeneffekt bei Kindern im Gegensatz zu Erwachsenen auch für die Benennung von Zahlen und der Beurteilung, ob es sich um eine gerade oder ungerade Zahl handelt, auftritt. Begründet wird diese Prognose mit den Befunden der Simulationsstudie nach 1000 Lerndurchgängen. Zu diesem (frühen) Zeitpunkt während der Trainingsphase kommt es zu den aufgeführten Effekten (siehe oben). Folglich sollten sich ähnliche Effekte bei Kindern ergeben, deren Zahlenrepräsentation ebenfalls noch nicht vollständig ausgebildet sein dürfte. Eine genaue Angabe, in welchem Alter die Effekte bei Kindern detektierbar sein sollten, wird leider nicht vorgenommen.
Kritik
Diese aus dem Modell abgeleitete Hypothese wurde bisher noch nicht weiter überprüft. Neben diesem Kritikpunkt, der durch neue Studien entkräftet werden kann, ist vor allem supervised learning zu nennen, da es biologisch eher unplausibel erscheint und somit die unmittelbare Übertragung des eingesetzten neuronalen Netzes auf den Menschen in Frage stellt. Gleichwohl ist hervorzuheben, dass die Autoren in anderen Arbeiten (Verguts & Fias, 2004) zur Repräsentation von Zahlen mittels neuronalem Netz auf eine nicht überwachte Lernregel (unsupervised learning) zurückgreifen.