Hypothesenüberprüfung
Grundlagen der Inferenzstatistik III
1 - Alpha
Die Gegenwahrscheinlichkeit zur Alphafehlerwahrscheinlichkeit ist 1 - Alpha. Diese Wahrscheinlichkeit liegt folglich meist bei 95% (Abb. 30) oder 99%. Inhaltlich bezieht sich 1 - Alpha darauf, dass das vermutete Muster als statistisch nicht signifikant angesehen wird und man sich korrekterweise für die Beibehaltung der Nullhypothese H0 entscheidet. 1 - Alpha kann demnach wie folgt definiert werden:
Definition
1 - Alpha ist die Gegenwahrscheinlichkeit zur Alphafehlerwahrscheinlichkeit. Inhaltlich repräsentiert 1 - Alpha die korrekte Entscheidung zugunsten der H0.
Zentrale und nonzentrale Verteilung
Die Wahrscheinlichkeiten des Alphafehlers und 1 - Alpha sind bedingte Wahrscheinlichkeiten. Beiden liegt die Annahme zugrunde, dass die Nullhypothese H0 in Wirklichkeit zutrifft. Es ist allerdings auch möglich, dass die Alternativhypothese H1 in Wirklichkeit korrekt ist. Für diese Möglichkeit bedarf es einer zweiten t-Verteilung, die als nonzentrale Verteilung bezeichnet wird. Eine solche Verteilung wurde in Abb. 31 zur zentralen Verteilung hinzugefügt. Unterhalb der nonzentralen Verteilung kann man die Wahrscheinlichkeiten für Beta und 1 - Beta abtragen.
nonzentrale Verteilungzentrale Verteilung
Betafehler
Der Betafehler (β-Fehler) oder Fehler zweiter Art bezieht sich auf den Fehler, der eintritt, wenn man das gesuchte Muster in den Zahlen übersieht und folglich davon ausgeht, dass kein Muster bzw. ein anderes vorliegt. Die nicht korrekte Annahme, dass die Nullhypothese H0 richtig sei, obwohl in Wirklichkeit die Alternativhypothese zutrifft, kann in folgender Definition zusammengefasst werden:
Definition
Der Betafehler ist die irrtümliche Entscheidung zugunsten der H0.
Kritik: 20% statt 5% bzw. 1%
In Abb. 32 wurde die Fläche abgetragen, die eine mögliche Betafehlerwahrscheinlichkeit repräsentiert. Die Wahrscheinlichkeit, die Nullhypothese H0 anzunehmen, obwohl sie nicht gilt, wird typischerweise auf maximal 20% festgelegt. Kritisiert werden kann, dass man beim Betafehler per Konvention eine vier- bis zwanzigfach größere Fehlerwahrscheinlichkeit als beim Alphafehler in Kauf nimmt. Zudem ist der Fehler erster Art nicht zwingend gravierender als der Fehler zweiter Art, sondern der Betafehler kann – in Abhängigkeit der formulierten Hypothesen – auch folgenschwerer als der Alphafehler sein.
Beispiel
Zum Beispiel könnte ein Richter einen angeblichen Mörder zu lebenslanger Haft verurteilen (H1 vermutet) oder freisprechen (H0 vermutet). Dabei könnte der Angeklagte schuldig (H1 gilt) oder unschuldig (H0 gilt) sein. Der Alphafehler (der Angeklagte wird zu Unrecht verurteilt) ist dabei nicht zwingend folgenschwerer als der Betafehler (der Angeklagte wird zu Unrecht freigesprochen). Die Auswirkungen einer Fehlentscheidung können von Fall zu Fall variieren (z.B. könnte die Wiederholungsgefahr die Folgen einer Fehlentscheidung beeinflussen).